24.09.2023 – der 500. Wettkampf in 15 Jahren

Von  Todt G. Willingmann

 

Im Jahr 2008 bestritt ich, nach den Überredungskünsten von Martin Baffa, meinen ersten Wettkampf, ohne zu ahnen, dass es nicht der letzte sein würde. Da ich zuvor nie Sport getrieben hatte und auch bei den Bundesjugendspielen keine Ambitionen entwickelt hatte, war es nie als Langzeitprojekt geplant.

Das änderte sich, als ich beim ersten Wettkampf meine geplante Zielzeit so deutlich unterschritt, dass ich große Zweifel an der Richtigkeit hatte. Doch sowohl die Strecke war amtlich vermessen als auch die Zeitnahme korrekt. Das war der Moment, in dem mir bewusst wurde, dass mein Körper leistungsfähiger war, als ich vermutet hatte.

Der Reiz, neue Strecken zu erkunden, neue Leute kennenzulernen und meine Zeiten stetig zu verbessern, war geweckt. Wörter wie Adrenalin, Kohlenhydrate, Ausdauertraining, Pace und viele andere waren anfangs Fremdwörter für mich.

Doch mein Wissen und meine Wettkampfergebnisse verbesserten sich. Als ich schließlich verschiedene Läufer der Lauffreunde Bönen kennenlernte, fühlte ich mich zunächst fehl am Platz. Da ich nie in einem Verein war und auch mit Fußball nichts am Hut hatte, dauerte es eine Weile, bis ich dem Verein beitrat. Bis dahin hatte ich mich selbst eher als Nichtsportler gesehen. „Ich laufe nur ein bisschen hier und da, das ist doch nichts Besonderes.“

Es folgten unzählige muskuläre Probleme, denn wo vorher nichts war, wurde jetzt einiges von meinem Körper abverlangt. Mein gesamter Körper wurde von oben bis unten neu aufgebaut und ich hatte inzwischen mehr als 16 kg verloren. Jeder Muskelkater war ein Level der mich nach vorne brachte.

Durch den Vereinsbeitritt entstanden neue Ambitionen, möglicherweise besser zu sein als andere. Ich probierte aus, was möglich war. Daraufhin folgten verschiedene Marathons unter anderen in sieben Hauptstädten Europas wie Berlin, Paris, Wien und Stockholm, was sowohl für mich als auch für meine Familie zu einem Kurzurlaub wurde. Oder in den Highland von Schottland.

Es waren Gefühle, die ich zuvor nicht gekannt hatte: Aufregung, Zweifel, Stolz und Stärke aufgrund meiner eigenen Leistung. Dinge, die ich nie für möglich gehalten hätte.

Immer mehr Wettkämpfe wurden nun mit immer besseren Zeiten wahrgenommen. Inzwischen stand ich nicht mehr hinten, sondern langsam immer weiter vorne. Jedes Mal stellte sich die Frage: Schaffe ich das überhaupt? Aber irgendwie haben der Körper und das Adrenalin es jedes Mal geschafft. Ich weiß bis heute nicht genau wie, aber die Urkunde zeigte es jedes Mal schwarz auf weiß.

Leider habe ich, wie so viele andere auch, es übertrieben und in den letzten drei Jahren traten doch einige Probleme auf (Fersensporn links und rechts, Knieprobleme, Leistenbruch etc.). Vieles konnte ich immer wieder in den Griff bekommen und habe jedes Mal von vorne angefangen.

Momentan habe ich zwar auch noch ein paar Probleme mit dem rechten Fuß, was man mir beim Laufen vielleicht nicht ansieht. Aber inzwischen kenne ich mich gut mit Themen wie Orthopädie und Ernährung aus und weiß, welche Auswirkungen sie haben.

Es gab unzählige schöne Wettkämpfe, die durch Strecken, Orte und Stimmungen so fantastisch waren, dass ich sie nie vergessen werde. Der morgendliche Nebel im Schwarzwald auf den Bergen, bei einem Trail Lauf, der durch die Sonnenstrahlen eine Landschaft hervorrief, der in einem Film nicht besser sein konnte. Beim Paris Marathon, der zwischen den beiden Anschlägen stattfand, und dann durch den „Al-Fayed“-Tunnel (Tödlicher Unfall v. Prinzessin Diana) lief, der als Disko für die Läufer umgestaltet wurde.

Im Rothenburg auf der Tauber (Licherlauf), Koblenz (Festungslauf), Luxemburg-Marathon, Ahlen (Wintercitylauf) sind nur eine kleine Auswahl von Läufen, die mir besonders in Erinnerung bleiben.

Jedes Mal nach dem Marathon oder anderen Cityläufen bzw. Trail Läufen hatte ich den Eindruck, den Ort nun besser zu kennen als viele andere Menschen.

Wer darf schon über die Autobahn, ein Rollfeld eines Flughafens oder auf private Parkanlagen laufen? Bei Wettkämpfen ist alles möglich.

Durch das Laufen in Kombination mit Wettkämpfen sind viele Dinge anders erlebbar.

Einmal ist es eine Sightseeingtour in einem anderen Tempo, dann wieder die körperliche Herausforderung an die Leistungsgrenzen. Jedes Jahr versuche ich immer mindeste drei bis fünf neue Wettkampfort aufzusuchen. Inzwischen kenne ich mich gut im Münsterland, Sauerland und Ruhrgebiet aus. Auch bei meinen Läufen kommt man in anderen Läufern viel besser in Kontakt als ich es sonst im Urlaub erlebe. Eine junge Französin (Läuferin) zeigte mir nach dem ‚Oxy‘-Traillauf wie ich am besten wieder in die City, wo meine Familie auf mich wartete den Weg. Wir unterhielten uns gut über eine halbe Stunde auf dem Weg (vielleicht auch länger).

Schön ist bei einer Laufveranstaltung das gesamte Paket. Keine Randale, kein Ärger oder Beschimpfungen, stattdessen Kaffee, Kuchen und Bratwurst mit Leuten, die ein gemeinsames tolles Erlebnis hatten.

Was kann an einen Wettkampf schon schön sein? – Man muss Geld bezahlen und sich dann die ganze Zeit quälen. Ich finde es ist vielleicht vergleichbar wie bergsteigen, man quält sich, aber die Aussicht ist unbeschreiblich. Beim Laufen ist es nachher schön. Man hat was geschafft was vorher nicht vorstellbar war. Ich finde es ist genauso schön, bloß man genießt die Verpflegung und spart sich den Bergabstieg.

Ein Sport, bei dem absolute Topprofis neben Amateurläufern und Freizeitläufern stehen, normale Menschen wie überall.

Ich freue mich schon auf die Weihnachtszeit, wenn wieder verschiedene Strecken mit stimmungsvoller Beleuchtung auf mich warten.

Ursprünglich wollte ich nach 500 Wettkämpfen aufhören.

Ich dachte, das wäre ein schöner Abschluss. Doch es kam anders. Diverse Starts sind bereits wieder angemeldet und auch wenn die Wettkampfzeiten wieder mal schlechter werden sollten, weiß ich inzwischen, dass sie auch wieder besser werden können. Es ist ein ständiges Auf und Ab und ich bin froh, dass es nur ein Hobby und kein Beruf ist.

Meinen 500. Wettkampf hatte ich nicht geplant (kein spezielles Event oder Ähnliches). Er war jetzt an der Reihe und fertig.

Ich war sehr überrascht, als ich am Folgetag die Ergebnisse der gleichen Veranstaltung von vor fünf Jahren verglich und feststellte, dass nicht nur die Zeit exakt gleich war, sondern auch die Platzierungen. Lediglich die Altersklasse hatte sich inzwischen um fünf Jahre geändert. Also Sport hält fit und in Form.

Durch die vielen Wettkämpfe mache ich mir auch keine Gedanken über meine Erfolge. Mal sind sie gut, mal bleiben sie aus. Doch mit Gewissheit kann ich sagen, dass sie nach dem nächsten Wettkampf Schnee von gestern sind. Dankbar bin ich auch meinem Mitfahrer und Laufkollegen Mike Behrend, der mich in den letzten Jahren bei vielen Läufen begleitet hat und mein Gequatsche während der teilweise langen Fahrten aushalten musste. Inzwischen gehe ich davon aus, dass ich wohl so lange laufen werde, wie es möglich sein wird. Und ich bin dankbar dafür, eine Gesundheit zu haben, von der andere in meinem Alter teilweise träumen, abgesehen von Überlastungsproblemen, die nach zwei Wochen Pause in der Regel verschwinden. Keine Migräne mehr, kein Übergewicht, kein Bluthochdruck, normale Cholesterinwerte, etc. – alles im grünen Bereich, keine Depressionen, usw. Warum sollte ich also aufhören?

 

Zusammengefasst habe ich insgesamt erreicht:

Siege in der Gesamtwertung (1 bis 3) = 4x Erster  /  3x   Zweiter   /  7x  Dritter
Siege in der jeweiligen Altersklasse:  (1 bis 3) =115x  Erster  /  96x   Zweiter   /  57x  Dritter
Gesamt km: 5.543 (durchschnittlich: 3 Wettkämpfe pro Monat seit Beginn) bei Teilnahmen an über 115 verschiedenen Orte und Gemeinden.

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